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Samstag, 21. Juli 2007
Ich will ein Wurstbrot
pekingsommer, 10:54h
Neulich habe ich von einem Wurstbrot geträumt. Eine Scheibe dunkles Brot mit ein bisschen Butter, Bauernschinken und zur Krönung ein in dünne Streifen geschnittenes Essiggürkchen.
Die Individualtouristenehre verbietet es einem ja eigentlich. Schon der Gedanke daran, anderes als "einheimisches" Essen zu verzehren, kann schwere Gewissensnöte verursachen - schließlich will man ja nicht einer dieser unausstehlich unflexiblen Ausländer sein, die zwar möglichst weit weg fahren, dann aber doch am liebsten Bratwurst und Burger essen (auch wenn sie das zu Hause nie tun).
Aber ehrlich: Drei Mahlzeiten am Tag müssen schon sein. Und dreimal chinesisches Essen täglich geht nicht. Jedenfalls nicht zwei Monate in Folge.
Bei mir geht das deshalb nicht, weil meine Lieblingsmahlzeit das Frühstück ist. Je besser das Frühstück, desto erfolgversprechender der Tag. Mit der Einstellung bin ich hier ziemlich gekniffen, denn obwohl ich lieber herzhaft als Marmeladenbrot esse - scharfe, heiße Nudelsuppe auf nüchternen Magen pack ich nicht.
Und weil mir Cheerios mit Wassermilch auch schon wieder zum Hals raushängen, habe ich bereits nach knapp zwei Wochen den Weg zur deutschen Fleischerei gefunden. Die ist praktischerweise ganz in der Nähe der "Süddeutschen Bäckerei Café Konstanz". (Wenn man vor dem mit rustikalen Balken und Blumenkästen verkleideten - im wahrsten Wortsinn - Haus steht, schallt ein lautes "KONNSCHTANNZ" durch den Kopf.)
Mit meiner Brot-Salami-Gouda-Beute kam ich stolz wie Hans nach Hause, hatte sie gerade im Kühlschrank neben den Dumplings und tausendjährigen Eiern verstaut (dazu später mehr), als meine Mitbewohnerin in die Küche kam. Und sorry Leute: Sie denkt jetzt, alle Deutschen essen zum Frühstück wie zum Abendessen immer trocken Brot mit Käse.
Der Hund liebt den Käse. Saja nicht so. Hier sei eine Verallgemeinerung erlaubt: Chinesen sind sehr stolz auf ihr Essen und ein bisschen skeptisch gegenüber Dingen, die von außerhalb kommen (aber das soll ja bei Franzosen ähnlich sein). Und weil ich die Ehre Deutschlands nicht ganz ruinieren will, probiere ich ganz tapfer immer alles, was Saja kocht.
Und jetzt kommt die gute Nachricht: Chinesisches Essen ist superlecker und hat übrigens mit dem chinesischen Essen, das es bei uns zu kaufen gibt, wenig zu tun. Viel frisches Gemüse, überhaupt nicht viel Fett, Fisch, Fleisch - ausgewogen würde ich sagen. Und alles lässt sich mit wenig Geschirr bestreiten: Schale, Stäbchen, gut ists. Leider gibts in unserer Küchenausstattung auch nicht wesentlich mehr, also keine Teller oder Messer, was die Umsetzung meiner Wurstbrotphantasien doch erheblich erschwert.
Auswärts chinesisch zu essen ist sehr günstig, birgt aber gewisse Risiken. In Kanton gibt es ein Sprichwort, das sinngemäß besagt, sie essen alles zwischen Himmel und Erde (was Hunde, Ratten, komische Vögel und Insekten einschließt). So ist das hier im Norden nicht, aber auch hier gibts einfach Sachen, die ich nicht mag. Als da wären Hühnerfüße am Stil und andere klar zu identifizierende Körperteile von Tieren, Schleimpilze und Innereien.
Und eben die tausendjährigen Eier. Sie Seite "Kochbuch-und-Kuechenhilfe.de" schreibt dazu: "Um Eier länger lagern zu können kamen findige Chinesen in grauer Vorzeit auf die Idee, sie mehrere Monate lang (ca. 100 Tage) in einer Mischung aus Kalk, Holzkohlenasche, Erde, Reisschalen und Salzwasser zu konservieren. Während dieser Lagerzeit tritt eine Art Edelfäule ein, bei der das Eiweiß durch enzymatischen Abbau gelatineartig wird und eine Farbe wie Bernstein annimmt. Das Eigelb wird grün und quarkartig. Der bei dieser Fäulnis entstehende Geruch ist nicht jedermanns Sache." Dem stimme ich zu.
Essen ist hier das Top-Thema. Und nicht nur bei den Chinesen, in deren Tradition Essen eine sehr wichtige Rolle spielt (zum Beispiel fragt man, wenn man gute Bekannte trifft, "Hast Du schon gegessen?", was so ein Ausdruck ist wie "How are you?" und bitte nicht ernsthaft beantwortet werden soll).
Auch die Ausländer verbringen viel Zeit damit, Tipps für Restaurants auszutauschen und eben solche zu testen. Vor allem geht es um die Frage, wo man gutes, nicht allzu teures und vor allem nicht-chinesisches Essen bekommt. Die Deutschen, die ich hier kennengelernt habe, beschäftigen sich schon länger mit einem Projekt, das mir sehr entgegen kommt: Der Suche nach einem richtig leckeren Frühstück.
Die Individualtouristenehre verbietet es einem ja eigentlich. Schon der Gedanke daran, anderes als "einheimisches" Essen zu verzehren, kann schwere Gewissensnöte verursachen - schließlich will man ja nicht einer dieser unausstehlich unflexiblen Ausländer sein, die zwar möglichst weit weg fahren, dann aber doch am liebsten Bratwurst und Burger essen (auch wenn sie das zu Hause nie tun).
Aber ehrlich: Drei Mahlzeiten am Tag müssen schon sein. Und dreimal chinesisches Essen täglich geht nicht. Jedenfalls nicht zwei Monate in Folge.
Bei mir geht das deshalb nicht, weil meine Lieblingsmahlzeit das Frühstück ist. Je besser das Frühstück, desto erfolgversprechender der Tag. Mit der Einstellung bin ich hier ziemlich gekniffen, denn obwohl ich lieber herzhaft als Marmeladenbrot esse - scharfe, heiße Nudelsuppe auf nüchternen Magen pack ich nicht.
Und weil mir Cheerios mit Wassermilch auch schon wieder zum Hals raushängen, habe ich bereits nach knapp zwei Wochen den Weg zur deutschen Fleischerei gefunden. Die ist praktischerweise ganz in der Nähe der "Süddeutschen Bäckerei Café Konstanz". (Wenn man vor dem mit rustikalen Balken und Blumenkästen verkleideten - im wahrsten Wortsinn - Haus steht, schallt ein lautes "KONNSCHTANNZ" durch den Kopf.)
Mit meiner Brot-Salami-Gouda-Beute kam ich stolz wie Hans nach Hause, hatte sie gerade im Kühlschrank neben den Dumplings und tausendjährigen Eiern verstaut (dazu später mehr), als meine Mitbewohnerin in die Küche kam. Und sorry Leute: Sie denkt jetzt, alle Deutschen essen zum Frühstück wie zum Abendessen immer trocken Brot mit Käse.
Der Hund liebt den Käse. Saja nicht so. Hier sei eine Verallgemeinerung erlaubt: Chinesen sind sehr stolz auf ihr Essen und ein bisschen skeptisch gegenüber Dingen, die von außerhalb kommen (aber das soll ja bei Franzosen ähnlich sein). Und weil ich die Ehre Deutschlands nicht ganz ruinieren will, probiere ich ganz tapfer immer alles, was Saja kocht.
Und jetzt kommt die gute Nachricht: Chinesisches Essen ist superlecker und hat übrigens mit dem chinesischen Essen, das es bei uns zu kaufen gibt, wenig zu tun. Viel frisches Gemüse, überhaupt nicht viel Fett, Fisch, Fleisch - ausgewogen würde ich sagen. Und alles lässt sich mit wenig Geschirr bestreiten: Schale, Stäbchen, gut ists. Leider gibts in unserer Küchenausstattung auch nicht wesentlich mehr, also keine Teller oder Messer, was die Umsetzung meiner Wurstbrotphantasien doch erheblich erschwert.
Auswärts chinesisch zu essen ist sehr günstig, birgt aber gewisse Risiken. In Kanton gibt es ein Sprichwort, das sinngemäß besagt, sie essen alles zwischen Himmel und Erde (was Hunde, Ratten, komische Vögel und Insekten einschließt). So ist das hier im Norden nicht, aber auch hier gibts einfach Sachen, die ich nicht mag. Als da wären Hühnerfüße am Stil und andere klar zu identifizierende Körperteile von Tieren, Schleimpilze und Innereien.
Und eben die tausendjährigen Eier. Sie Seite "Kochbuch-und-Kuechenhilfe.de" schreibt dazu: "Um Eier länger lagern zu können kamen findige Chinesen in grauer Vorzeit auf die Idee, sie mehrere Monate lang (ca. 100 Tage) in einer Mischung aus Kalk, Holzkohlenasche, Erde, Reisschalen und Salzwasser zu konservieren. Während dieser Lagerzeit tritt eine Art Edelfäule ein, bei der das Eiweiß durch enzymatischen Abbau gelatineartig wird und eine Farbe wie Bernstein annimmt. Das Eigelb wird grün und quarkartig. Der bei dieser Fäulnis entstehende Geruch ist nicht jedermanns Sache." Dem stimme ich zu.
Essen ist hier das Top-Thema. Und nicht nur bei den Chinesen, in deren Tradition Essen eine sehr wichtige Rolle spielt (zum Beispiel fragt man, wenn man gute Bekannte trifft, "Hast Du schon gegessen?", was so ein Ausdruck ist wie "How are you?" und bitte nicht ernsthaft beantwortet werden soll).
Auch die Ausländer verbringen viel Zeit damit, Tipps für Restaurants auszutauschen und eben solche zu testen. Vor allem geht es um die Frage, wo man gutes, nicht allzu teures und vor allem nicht-chinesisches Essen bekommt. Die Deutschen, die ich hier kennengelernt habe, beschäftigen sich schon länger mit einem Projekt, das mir sehr entgegen kommt: Der Suche nach einem richtig leckeren Frühstück.
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Taxi nach Babylon
pekingsommer, 09:46h
Mein Chinesisch ist unterirdisch. Aber man kann mir immerhin nicht den Vorwurf machen, es nicht zu versuchen. Jeden Abend übe ich mit meiner Mitbewohnerin ein paar Sätze. Oft endet das damit, dass sie die Stirn in Falten legt, "I think I know what you mean" sagt - und ich es aufgebe.
Neulich war ich aber ganz stolz, dass ich eine Haltestelle, zu der ich regelmäßig fahren muss, gut ausgesprochen habe. Saja sah zufrieden aus ob Ihres Lehrerfolgs. Mit einem derart gestärkten Selbstbewusstsein ausgestattet habe ich mir also ein Taxi herangewunken.
Und dann passiert immer das Gleiche: Ich sage mein Sätzchen, der Taxifahrer sagt etwas, das mit viel Phantasie irgenwie ähnlich klingt, ich wiederhole mein Sätzchen mit einem guten Einschlag seiner Betonung und irgendwann treffen wir uns in der Mitte (zu dem Zeitpunkt habe ich dann meist schon meinen Stadtplan rausgeholt, um zumindest sicherzugehen, dass wir in die richtige Himmelsrichtung fahren).
Das hat mir wirklich Kopfzerbrechen bereitet. Dann habe ich versucht, mir die Situation in Deutschland vorzustellen: Saja besucht mich sagen wir in Köln. Ich erkläre ihr auf Oberpinzgauerisch, wie Sie ein Taxi nach Köln-Zollstock bestellt (ob sie da jemals hinfahren würde, ist für das Beispiel nicht entscheidend) und übe mit ihr die Aussprache - also sowas wie Köhn Zoajstook. Und weil das nicht schon aussichtslos genug ist, kommt der Taxifahrer aus Delitzsch nahe Leipzig. Irgendwie ist immer Deutsch im Spiel. Irgendwie.
Tja, und in China gibt es nicht nur jede Menge Dialekte, sondern auch einige unterschiedliche Sprachen. Was zur Folge hat, dass auch Chinesen mancherorts Schwierigkeiten haben, sich untereinander zu verständigen (jedenfalls gesprochen).

Herkunft der Karte: http://schiller.dartmouth.edu/chinese/maps/maps.html (21.07.2007)
Was meine Sprachfortschritte angeht, kommt noch die Sorge dazu, jemanden zu beleidigen, weil ich ein Wort falsch betone. Ein sehr beliebtes und eingängiges Beispiel ist das kleine Wörtchen "ma". In den vier Tonhöhen hat es die Bedeutungen Mama, Pferd, Hanf und schimpfen. Da brauchts nicht viel Phantasie sich auszumalen, was da rauskommen kann.
Olympia sei dank können Westler zumindest im kommenden Jahr ihre Lernfaulheit kultivieren. In Peking sollen nach offiziellen Angaben in der zweiten Jahreshälfte (2007) 93000 Taxifahrer Englisch lernen, damit die vielen Ausländer, die kommendes Jahr hier einfallen, nicht verloren gehen (was dank Meldepflicht etc. eh nicht so leicht ist, aber das ist ein anderes Thema).
Außerdem kursieren schon Geschichten über alte Menschen, die sich in den Parks der Stadt treffen, um Englisch zu üben. Und ein extra Buch gibts auch für alle Chinesen, die mit den Ausländern zu tun bekommen könnten (also potentiell alle, die vielleicht auch noch irgendein Geschäft machen wollen). Da stehen mehrere hundert "nützliche" Dialoge drin, zum Beispiel so etwas (Gedächtnisprotokoll):
"Möchten Sie eine Fußmassage?"
"Gerade habe ich keine Zeit, aber könnte ich für morgen Vormittag einen Termin vereinbaren?"
"Vormittags sind wir immer ziemlich ausgebucht. Aber nachmittags ginge."
"Das ist toll, danke."
"Nichts zu danken."
Bis alle Englisch sprechen, gehört ein bisschen Improvisation zum Taxifahren dazu - und da sind manche Taxifahrer sogar besser als ich. Viele meiner Termine sind in der Nähe einer sehr bekannten Kneipenstraße, zu der ich mich in der Regel fahren lasse. Als ich den dritten Aussprechanlauf starte, erhellen sich die Gesichtszüge des Fahrers, er grinst mich wissend an, hebt ein imaginäres Glas zum Mund und ruft: "Ah, Oookay!"
Neulich war ich aber ganz stolz, dass ich eine Haltestelle, zu der ich regelmäßig fahren muss, gut ausgesprochen habe. Saja sah zufrieden aus ob Ihres Lehrerfolgs. Mit einem derart gestärkten Selbstbewusstsein ausgestattet habe ich mir also ein Taxi herangewunken.
Und dann passiert immer das Gleiche: Ich sage mein Sätzchen, der Taxifahrer sagt etwas, das mit viel Phantasie irgenwie ähnlich klingt, ich wiederhole mein Sätzchen mit einem guten Einschlag seiner Betonung und irgendwann treffen wir uns in der Mitte (zu dem Zeitpunkt habe ich dann meist schon meinen Stadtplan rausgeholt, um zumindest sicherzugehen, dass wir in die richtige Himmelsrichtung fahren).
Das hat mir wirklich Kopfzerbrechen bereitet. Dann habe ich versucht, mir die Situation in Deutschland vorzustellen: Saja besucht mich sagen wir in Köln. Ich erkläre ihr auf Oberpinzgauerisch, wie Sie ein Taxi nach Köln-Zollstock bestellt (ob sie da jemals hinfahren würde, ist für das Beispiel nicht entscheidend) und übe mit ihr die Aussprache - also sowas wie Köhn Zoajstook. Und weil das nicht schon aussichtslos genug ist, kommt der Taxifahrer aus Delitzsch nahe Leipzig. Irgendwie ist immer Deutsch im Spiel. Irgendwie.
Tja, und in China gibt es nicht nur jede Menge Dialekte, sondern auch einige unterschiedliche Sprachen. Was zur Folge hat, dass auch Chinesen mancherorts Schwierigkeiten haben, sich untereinander zu verständigen (jedenfalls gesprochen).

Herkunft der Karte: http://schiller.dartmouth.edu/chinese/maps/maps.html (21.07.2007)
Was meine Sprachfortschritte angeht, kommt noch die Sorge dazu, jemanden zu beleidigen, weil ich ein Wort falsch betone. Ein sehr beliebtes und eingängiges Beispiel ist das kleine Wörtchen "ma". In den vier Tonhöhen hat es die Bedeutungen Mama, Pferd, Hanf und schimpfen. Da brauchts nicht viel Phantasie sich auszumalen, was da rauskommen kann.
Olympia sei dank können Westler zumindest im kommenden Jahr ihre Lernfaulheit kultivieren. In Peking sollen nach offiziellen Angaben in der zweiten Jahreshälfte (2007) 93000 Taxifahrer Englisch lernen, damit die vielen Ausländer, die kommendes Jahr hier einfallen, nicht verloren gehen (was dank Meldepflicht etc. eh nicht so leicht ist, aber das ist ein anderes Thema).
Außerdem kursieren schon Geschichten über alte Menschen, die sich in den Parks der Stadt treffen, um Englisch zu üben. Und ein extra Buch gibts auch für alle Chinesen, die mit den Ausländern zu tun bekommen könnten (also potentiell alle, die vielleicht auch noch irgendein Geschäft machen wollen). Da stehen mehrere hundert "nützliche" Dialoge drin, zum Beispiel so etwas (Gedächtnisprotokoll):
"Möchten Sie eine Fußmassage?"
"Gerade habe ich keine Zeit, aber könnte ich für morgen Vormittag einen Termin vereinbaren?"
"Vormittags sind wir immer ziemlich ausgebucht. Aber nachmittags ginge."
"Das ist toll, danke."
"Nichts zu danken."
Bis alle Englisch sprechen, gehört ein bisschen Improvisation zum Taxifahren dazu - und da sind manche Taxifahrer sogar besser als ich. Viele meiner Termine sind in der Nähe einer sehr bekannten Kneipenstraße, zu der ich mich in der Regel fahren lasse. Als ich den dritten Aussprechanlauf starte, erhellen sich die Gesichtszüge des Fahrers, er grinst mich wissend an, hebt ein imaginäres Glas zum Mund und ruft: "Ah, Oookay!"
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